Sie waren bereits in jungen Jahren im Silicon Valley erfolgreich. Ihr Fintech Bluecode haben Sie jedoch in Österreich und der Schweiz gestartet. Welche Erkenntnisse aus Ihrer Zeit in Kalifornien können Sie dafür nutzen?
Mit 21 Jahren bin ich für mein Doktorat an die New York University gegangen. In San Francisco habe ich dann die Möglichkeit bekommen, ein Start-up zu gründen. Das war 1999. Die Musikindustrie war damals in einem Formatwechsel: von der CD als Format hin zu digitalen MP3-Files und dann zu Streaming. In jeder Industrie erfolgen Formatwechsel in Umbruchphasen. In solchen Phasen entscheidet sich enorm viel. Wir haben eine Software geschrieben, wie man Lieder mit dem Mobiltelefon erkennt. Man kennt das heute als Shazam. Mit dem zweiten Start-up haben wir genau das Gleiche gemacht: einen Formatwechsel von der DVD hin zum Streaming, Netflix war einer unserer Kunden. In diesem Formatwechsel wurden die Regeln neu geschrieben, wie wir heute Videos schauen, wer das Angebot liefert, wer die Daten bekommt, wer am Schluss die Geschäftsmodelle bestimmt. Wer die Kundenreise hält, der hält am Ende die Marge in der Wertschöpfung, das ist in der mobilen und digitalen Welt das A und O. Und im Payment ist jetzt wieder ein Formatwechsel in Gang. Die Plastikkarten und Cash weichen dem Mobiltelefon. Nun kommt es wieder zur Frage: Wer spielt am Ende mit? Wer erstellt die Regeln?
Kann man es als europäischer David überhaupt mit den digitalen Goliaths aus den USA und Asien aufnehmen? Das Produkt muss besser sein. Und zwar nicht ein wenig besser, sondern viel besser. Und das ist verdammt schwer. Apple Pay oder Google Pay sind tolle Produkte. Aber sie haben die jahrzehntealte Kartentechnologie als Basis. Klar ist, dass Payment der wichtigste und häufigste Geschäftsvorfall des Menschen ist. Wir alle zahlen, teilweise mehrfach am Tag. Und das Wichtigste: Es ist der ehrlichste Geschäftsvorfall des Menschen. Sie können den ganzen Tag lang tweeten und chatten und liken. Aber wo das Geld hingeht, das definiert Ihre Präferenzen besser als alles, was Sie sonst tun. Darum herrscht so ein enormer Kampf um die Kundenreise. Stand heute spielt Europa im Payment nicht mit. Jetzt wird es digital. Da reizt es mich zu sagen, den Formatwechsel kenne ich. Jetzt schauen wir mal, ob wir das in Europa doch hinbekommen. Es kann nicht sein, dass wir am Ende des Tages keine Möglichkeit haben, europäisch zu zahlen. Das werden wir schon noch schaffen. Denn das Glück eines Start-ups ist, die Dinge ganz neu definieren zu können.
Aus dem Magazin “die wirtschaft”, Autor: Markus Mittermüller